Corona Pandemie

Tja, eigentlich ist das kein Schul-Projekt, aber in dieser Zeit habe ich meine Website und mein Dokumenten-Management System zur Höchstleistung gebracht. Ich stelle hier einmal kurz vor, wie die Corona Zeit für mich abgelaufen ist und welche Herausforderungen es für mich diesbezüglich gab.

 

Vorgeschichte

Im Unterricht habe ich immer mal wieder gewitzelt, dass ich irgendwann mich nur noch aufnehme und einen Film abspielen lasse.
Dann könnte ich ja bequem zu Hause sitzen und werde fürs Nichtstun bezahlt.

Damit habe ich im Herbst des letzten Jahres (2019) immer mal wieder Schüler erheitert. Hintergrund war derjenige, dass durch die nahezu flächendeckende Ausstattung mit Beamern und dem vermehrten Einsatz von Smartphones im Unterricht diese Idee ja nicht ganz abwegig erschien.

 

Start des Lockdowns

Als der Lockdown dann Mitte März tatächlich wahr wurde, habe ich mir aus der Schule eine mobile Tafel und eine geeignete Digitalkamera mitgenommen.
Ich hatte so ein Gefühl, dass es länger als die drei Wochen vor den Osterferien dauern könnte.

Meine eigenen Kindern sind aufgrund des Sabbatjahres es ja gewohnt gewesen, alleine im "Home-Schooling" zu arbeiten. Das hat unsere Abläufe in der Familie etwas entspannt.

Aber auch hier musste zunächst ein Rhytmus festgelegt werden, damit auch täglich in akzeptablem Zeitrahmen etwas geschafft wurde.

Die erste Woche habe ich dann parallel überlegt, wie ich einen Distanz-Unterricht gestalten könnte. Wir haben genug Platz und genug technische Infrastruktur, so dass es mehr um methodische Details ging.

Aber es musste ein Studio eingerichtet werden, die Beleuchtung eingerichtet, Mailadressen, verschiedenen Dienste mussten eingerichtet werden (bspw. für Abgabe von digitalen Daten). Dann stand an, mit welcher Software korrigiert man am besten online, wie funktioniert die Videobearbeitungssoftware. Welche Videoportale bieten sich für sowas an? usw, usw.

Das hat mich eine ganze Woche gekostet.

 

Übergang zum regelmäßigem Streamen

Nach der ersten Woche hatte sich ein Rhytmus eingespielt und ich konnte dazu übergehen einen Streaming Dienst anzubieten. Bei der Videoplattform Twitch hatte ich mir alles eingerichtet. Schüler waren sehr hilfreich, weil sie mir bei den ersten Schritten halfen und auch geeignete Software aussuchten.

Eine Video-Streaming Stunde muss aber anders vorbereitet werden. Es ist eher wie ein Drehbuch schreiben, da man ja die meiste Zeit ohne Rückmeldung (höchstens per Chat, für diejenigen, die es live verfolgen) arbeitet.

Auch wie man an der Tafel schreibt, damit es permanent sichtbar ist, ist eine neue Erfahrung. Auch sind "Rechtschreibfehler" oder Fehler allgemein tödlich, denn wenn jemand im Video spult, was der Regelfall sein wird, dann passen die Bildschirminhalte plötzlich nicht mehr zusammen, weil etwas nachträglich korrigiert worden ist.

Ich habe nahezu jeden Tag zwei Video-Einheiten angeboten. Danach habe ich dann Zusammenfassungen der Inhalte über meine (diese) Homepage veröffentlicht.

In dieser ersten Woche des Streamings habe ich festgestellt, dass die meisten Schüler ja sehr interessiert waren. Die Abrufzahlen waren recht hoch. Aber digital eingereichte Unterlagen geeignet zu korrigieren, war ungleich schwieriger.

 

Osterferien

Zu Beginn der Osterferien habe ich entschieden, dass Ferien in dieser Pandemie-Zeit keinen Sinn machen. Man konnte ja eh nicht wegfahren.

Also habe ich entschieden mein Distanz-Lern Angebot durchgängig anzubieten. Das ist tatsächlich auch von Schülern genutzt worden. So konnte ich natürlich mehr Zeit nutzen um Inhalte zu vertiefen und zu ergänzen.

Es war das erste Mal in 16 Jahren Schule, dass ich alle Ferientage rausgestrichen habe. Das man in den Ferien arbeitet und was vorbereitet ist ja normal. Aber das man Unterricht anbietet, als wäre Schule, das war neu.

Umso erfreulicher, dass Schüler (m/w/d) das Angebot tatsächlich angenommen haben.

 

Eingeschränkter Regelbetrieb

Nach den Ferien begann für ausgewählte Klassen ja wieder ein Regelbetrieb. Zu diesem Zeitpunkt musste ich mir Gedanken darüber machen, wie ich mit geteilten Klassen und beschränkten Möglichkeiten im Unterricht jetzt weitermachen will.

Dann bin ich auf die Idee gekommen, doch alles parallel zu  machen. Also den Präsenzunterricht in Teilen aufzuzeichnen und gleichzeitig Videostreaming für "zu Hause" arbeitende Klasse zu entwerfen.

Das ließ sich auch machen, allerdings erfordert es eine sehr hohe Disziplin und eine gute Einschätzung was kann ich in welcher Zeit mit Schülern erreichen. Das klappt mal mehr mal weniger.

Während dieser Zeit hat sich die Bedienung der verschiedenen Software-Tools beständig verbessert und man wird auch sicherer in bspw. dem Einsatz von Einblendungen, Demonstrationen etc. während eines Videosstreams.

Damit ich die Bearbeitung und Bereitstellung von den Inhalten neben der "Beschulung" der eigenen Kinder hinbekomme, bin ich jeden Tag um 04:30 aufgestanden. Denn ab 08:00 Uhr wollten die eigenen Kinder was von mir.

Aber es hat enorm viel Zeit gekostet. Ein Glück dass ich ein Mensch bin, der mit 5 Stunden Schlaf auskommt, sonst wäre das Pensum nicht zu schaffen gewesen.

 

Prüfungsphase für Abschlussklassen

Abschlussklassen wachsen mir immer ans Herz, weil sie ja den Erfolg der Arbeit über mehrere Jahre jetzt einfahren sollen.

Dieses Mal war ich froh, dass ich mit meinem Stoff schon vor Corona komplett fertig gewesen bin. Das jat bedeutet, ich konnte mich beim Distanzlernen auf die Wiederholung von Stoff konzentrieren und musste nichts Neues mehr machen.

Nichtsdestotrotz hat dieses Distanzlernen leider nicht denselben Erfolg gebracht, wie es ohne Distanzlernen vielleicht hätte sein können.

Aber ich habe noch niemals soviele Prüfungsaufgaben medial aufbereitet und anschließend vorgerechnet und besprochen.

Auch unsere beweglichen Ferientage habe ich aus meinem Kalendar gestrichen und einfach durchgängig online Unterricht angeboten.

 

Schlussphase im Regelbetrieb

In der Schlussphase (letzten Wochen vor den Sommerferien) ist die Luft natürlich etwas raus. Die Lockerungen haben auch dafür gesorgt, dass Schüler sich wieder mehr wie Schüler verhalten (also schwänzen, zu spät kommen, Hausaufgaben nicht machen, etc.)

Die Abrufzahlen der Streamingangebote gingen auch entsprechend zurück. Aber auch Schülern muss klar sein, dass die Inhalte leider keine Rücksicht darauf nehmen, ob man sie verstanden hat oder nicht. Für Abitur und Berufabschlussprüfungen wurde ja nicht weniger verlangt, nur weil es die Pandemie gibt.

Trotzdem habe ich versucht gleichzeitig Präsenzunterricht aufzunehmen und in Teilen dem Rest der Lerngruppe zur Verfügung zu stellen und parallel dazu noch Streaming Angebote zu machen.
Das war schon ganz schön anstrengend. Video aufzeichnen, anschließend hochladen, Bekanntmachungen über Mail/Website/Twitter, etc. Dabei hat sich Twitter als effektivstes Mittel herausgestellt.

Aber man merkt auch Grenzen. Diese zusätzliche Arbeit in dem Umfang lässt sich bei einem vollen Regelbetrieb mit ca. 25 Unterrichtsstunden nicht dauerhaft aufrecht erhalten.

 

Fazit

Insgesamt haben gerade zu Beginn der Pandemie Schüler und Lehrer eine enorm steile Lernkurve vollzogen. Zumindest diejenigen, die den Betrieb irgendwie aufrecht erhalten wollten, koste es was es wolle.

Leider teilt sich jetzt die Schüler und Lehrerschaft in genau in zwei Gruppen. Einige Schüler kommen mit dieser Art des Lernens super zurecht, andere überhaupt nicht.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass diejenigen, die schon immer Spass am Lernen und Ausprobieren haben, sehr gut zurecht kommen. Mit der geeigneten digitalen Unterstützung auch über sich hinauswachsen können.

Daneben gibt es die Gruppe derjenigen, die nur deshalb lernen, weil sie Mitschüler haben und weil es die Institution "Schule" gibt. Also der soziale "Druck" sorgt dafür, dass diese Schüler im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas tun/lernen.

Diese letzte Gruppe besteht zumeist aus den eher bildungsfernen und motivationsarmen Schülern (m/w/d). Das bedeutet die Pandemie sorgt dafür, dass insgesamt schwächere Schüler jetzt noch schwächer sind.

Die leistungsstarken hingegen haben einen so starken Wissenszuwachs, der sie für die anderen nahezu uneinholbar macht.

Diese Schere sozialverträglich zu schliessen wird für die Lehrerschaft eine enorme Herausforderung.

Leider gab es bei uns, wie bestimmt auch an vielen anderen Schulen, Lehras (m/w/d) die sich nicht diesen neuen Herausforderungen gestellt haben, sondern auf Abwarten gesetzt haben. Hier würde ich mir mehr Engagement des eigenen Berufsstandes wünschen.

Lehrer sind Beamte. Beamte sind auch in den Ferien im Dienst und haben (aus gesetzlicher Sicht) auch nicht mehr Urlaub als andere Berufsgruppen. Aus meiner Sicht zwingt die Notsituation auch den Staat zu besonderen Maßnahmen.
Das bedeutet für mich, dass man auch beamtete Lehrer dienstverpflichten kann in den Ferien. Denn diese Zeit ist ja nur "unterrichtsfrei". Wenn man berücksichtigt, wie lange die Schulen geschlossen waren, dann war ja wohl genug "unterrichtsfreie" Zeit. Da kann man auch von beamteten Lehrern erwarten, dass sie in den Ferien arbeiten.
Aber das ist nur meine Privatmeinung dazu. Von Kollegas habe ich als Rückmeldung bekommen, dass ich es übertrieben hätte, das mag auch in Teilen stimmen, denn ich bin zu Beginn der Ferien schon ziemlich platt gewesen.

Insgesamt war es trotzdem eine spannende und sehr sehr arbeitsreiche Zeit. Und jetzt freue ich mich tatsächlich auf Ferien!